Erklärung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten zu 10 Lügen von Präsident Wladimir Putin über Polen und die Ukraine, die Tucker Carlson nicht richtiggestellt hat (Interview vom 8. Februar 2024)
12.02.2024
- Polen habe mit Hitlerdeutschland kollaboriert.
Vor dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich die polnische Diplomatie um gutnachbarschaftliche Beziehungen zu Deutschland. Von einem Militärbündnis mit Hitler konnte aber keine Rede sein. In der Zwischenkriegszeit agierte Polen in seiner geopolitischen Lage zwischen zwei aggressiven Nachbarn — Deutschland und Russland —, die beide das Recht der polnischen Nation auf staatliche Selbstbestimmung in der Praxis nicht gelten ließen. 1934 wurde in Berlin als eine deutsch-polnische Erklärung der Nichtangriffspakt unterzeichnet, auf dessen Grundlage Konflikte mit friedlichen Mitteln gelöst werden sollten. Zuvor aber, 1932, wurde ein vergleichbarer Vertrag zwischen der Sowjetunion und der Republik Polen geschlossen.
- Polen habe Hitler zum Zweiten Weltkrieg gezwungen. Warum habe Polen am 1. September 1939 den Krieg begonnen? Weil es nicht willens gewesen sei zusammenzuarbeiten. Hitler sei deshalb nichts übriggeblieben, als bei der Umsetzung seiner Pläne Polen als Erstes anzugreifen.
Die Zweite Republik Polen lehnte Hitlers Forderungen sowie das von ihm vorgeschlagene, gegen die Sowjetunion gerichtete deutsch-polnische Bündnis ab. Es waren Nazideutschland und die sowjetischen Machthaber, welche sich am 23. August 1939 (im sog. Hitler-Stalin-Pakt) gegen Polen verbündeten. Sowjetrussland und Hitlerdeutschland arbeiteten Hand in Hand bis Juni 1941.
- Polen sei seiner gegen die Tschechoslowakei gerichteten Politik zum Opfer gefallen, weil aufgrund der berüchtigten geheimen Zusatzprotokolle zum Hitler-Stalin-Pakt ein Teil der betroffenen Gebiete, darunter die westliche Ukraine, Russland zufiel.
Polen beteiligte sich nicht am Münchner Abkommen (vom 30. September 1938), durch welches die Souveränität der Tschechoslowakei im Endeffekt stark eingeschränkt wurde, und gehörte nicht zu dessen Vertragsparteien. Seine das Olsa-Gebiet betreffenden Forderungen stellte Polen erst nach der Unterzeichnung des Münchner Abkommens.
- Auf diese Art und Weise habe Russland, damals als Sowjetunion, seine historischen Gebiete zurückerhalten.
Die Sowjetunion verleibte sich östliche Gebiete der Zweiten Republik Polen durch eine militärische Aggression (am 17. September 1939) zu einem Zeitpunkt ein, als Polen mit der Abwehr des deutschen Angriffs beschäftigt war. Die in den polnischen östlichen Grenzgebieten durchgeführten sog. Volksabstimmungen waren von Terror begleitet und durch Fälschungen gekennzeichnet. Die Stadt Lwów sowie die damaligen Woiwodschaften Lwów und Stanisławów (die heutige westliche Ukraine) waren nie ein Teil des Russischen Imperiums. Ebensowenig stellte die Region um Vilnius geschichtlich gesehen eine russische Region dar.
- Die Ukraine sei letztendlich ein von Lenin und Stalin geschaffenes künstliches Gebilde.
Die Ukraine von heute ist als eigener Staat dank der ukrainischen Nationalbewegung entstanden. Die Bolschewiki haben sie nicht geschaffen, sondern lediglich teilweise erobert und zu einer ihrer Sowjetrepubliken gemacht. Die Ukraine ist aus dem Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer heraus entstanden.
- Das linke Dnipro-Ufer sei, zusammen mit Kyjiw, historisch russisch.
Kyjiw war die historische Hauptstadt der Kiewer Rus, Moskau existierte damals nicht. Seit 1991 ist die Ukraine ein unabhängiger Staat innerhalb international anerkannter Grenzen.
- Die Idee einer eigenen ukrainische Nation sei in Polen entstanden.
Der Prozess der Selbstbestimmung der Ukrainerinnen und Ukrainer als eine eigene ethnische Gruppe verlief parallel zu vergleichbaren Prozessen im Europa des 19. Jahrhunderts. Die ukrainische Nation hat sich niemand künstlich „ausgedacht“.
- Auf dem Staatsgebiet der Ukraine seien Stützpunkte der NATO gegründet worden.
Auf dem Staatsgebiet der Ukraine gibt es keine Stützpunkte der NATO.
- In der Ukraine habe es zwei Staatsstreiche gegeben, wodurch ihre Bindungen zu Russland hätten zerrissen werden sollen.
In der Orangenen Revolution protestierte die ukrainische Nation gegen Wahlfälschungen. Durch die Wiederholung der Stichwahl gelang es Wiktor Juschtschenko, der tatsächlich die Mehrheit der Stimmen bekommen hatte, Staatspräsident zu werden. Nach der Revolution der Würde gewann Petro Poroschenko die demokratischen Präsidentschaftswahlen.
- 2014 sei Moskau gezwungen gewesen, die Krim zu verteidigen, weil die Halbinsel bedroht gewesen sei.
2014 gab es keine Bedrohung der Krim. Die Revolution der Würde führte durch demokratische Wahlen einen friedlichen Machtwechsel herbei. Russische „grüne Männchen” erschienen auf der Krim, um die Ukraine zu destabilisieren.